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Wenn die Lebensarbeitszeit endet

Arbeiten über das Rentenalter hinaus? Für manche Mitarbeiter ist das durchaus eine Option. Foto: Adobestock

Nicht jeder Beschäftigte bleibt bis zum regulären Rentenalter. Andere wollen gern länger arbeiten. Wie Betriebe auf die unterschiedlichen Bedürfnisse reagieren.

Manche planen schon früh damit, andere wollen am liebsten gar nichts davon hören. Und Jüngere winken bei dem Thema ohnehin ab. Über die Rente wird seit einigen Jahren in Deutschland wieder intensiver diskutiert. Hauptgrund: Die finanzielle Schieflage, die unter anderem auf der demografischen Entwicklung basiert und ein sinkendes Rentenniveau zur Folge hat. Schaut man sich in Unternehmen um, findet man recht unterschiedliche Perspektiven. So gibt es heute einerseits viele Menschen, die gern über das offizielle Renteneintrittsalter hinaus arbeiten möchten. Das betrifft vor allem kreative Berufe. Andererseits erreicht ein Teil der Beschäftigten eben dieses Alter nicht ohne gesundheitliche Probleme. Hier geht es um Jobs, die körperlich harte Arbeit erfordern, zunehmend aber auch um Berufe, die psychisch herausfordernd sind. Und dann? Sollten eigentlich Möglichkeiten zum – früheren – Übergang in die Rente greifen.

Nur wenige Unternehmen bieten mehrere Optionen

Am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) haben Forscher auf Basis der Betriebs- und Personalrätebefragung 2023 untersucht, inwieweit das der Fall ist. Ein Ergebnis: Rund 64 Prozent der befragten Betriebs- und Personalräte geben an, dass in ihrem Unternehmen betriebliche Angebote zum Übergang in den Ruhestand vorhanden sind. Meistens gibt es allerdings nur eine Option dafür. In rund einem Drittel der Betriebe haben Beschäftigte die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten. Je größer das Unternehmen, desto besser ist es in der Regel auch in Sachen Renten- und Teilzeitregelungen aufgestellt. Am häufigsten arbeiten Beschäftigte im öffentlichen Dienst bis zur regulären Rente, am seltensten tun das Mitarbeiter in den Bereichen Handel, Verkehr, Logistik und Gastgewerbe.

Altersteilzeit wird am häufigsten genutzt

Insgesamt, so ein weiteres Ergebnis der Untersuchung, gibt es heute allerdings weniger Angebote für Mitarbeiter als etwa noch vor 15 Jahren. Das ist laut den Forschern einerseits auf geänderte rechtliche Rahmenbedingungen, andererseits aber vor allem auch auf den Fachkräftemangel zurückzuführen. Viele Firmen möchten ihre Mitarbeiter so lange wie möglich im Team behalten.

Dennoch bleibt die Altersteilzeit mit 42 Prozent das mit Abstand am häufigsten genutzte Instrument, gefolgt von der Weiterbeschäftigung bei Bezug einer vorgezogenen Altersrente. Lebensarbeitszeit- oder Langzeitkonten sowie der vorzeitige Bezug einer Rente mit ergänzenden betrieblichen Leistungen werden nur in wenigen Unternehmen angeboten. Gleiches gilt für betriebliche Leistungen als Ergänzung zum Arbeitslosengeld. Der direkte Wechsel in die Altersrente ist für ältere Beschäftigte nach wie vor der übliche Weg. Nach den Angaben der Betriebs- und Personalräte gilt das für rund 54 Prozent der älteren Beschäftigten. Fast 27 Prozent nutzen Vorruhestandsregelungen.

Die Bedürfnisse der Älteren im Blick behalten

Rund zwei Drittel der befragten Betriebs- und Personalräte konstatierten, dass mindestens die Hälfte der älteren Beschäftigten, die den Betrieb vor Erreichen des Rentenalters verlassen haben, dies aufgrund schwieriger Arbeitsbedingungen oder aus gesundheitlichen Gründen getan hat. „Daraus ergibt sich auch ein klarer Auftrag, im betrieblichen Gesundheitsmanagement auf die Bedürfnisse älterer Beschäftigter zu achten. Insbesondere Gefährdungsbeurteilungen bieten hier ein erhebliches Potenzial, sofern sie effektiv, partizipativ und dauerhaft eingesetzt werden“, heißt es in der Untersuchung. Oft liegt der Fokus in den Personalabteilungen eher darauf, die ganz Jungen, die Gen Z, zu überzeugen.

Mit Blick auf den fehlenden Nachwuchs in vielen Branchen und Betrieben wird das Thema nicht an Brisanz verlieren. Schon jetzt werben Unternehmen gezielt um sogenannte Silver Worker – Menschen, die eigentlich in Rente gehen könnten. Wer sie überzeugen will, auch da sind sich Wissenschaftler einig, muss zuerst mit optimalen, flexiblen Arbeitsbedingungen punkten. Das sei für viele der Älteren wichtiger als Geld.

 Von Annett Kschieschan

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