Punkte gegen den Fachkräftemangel

Ohne Sprachkenntnisse geht es nicht. Auf der neuen Chancenkarte können potenzielle Arbeitskräfte aus dem Ausland auch dafür Punkte erhalten. Foto: Adobestock

Ab Juni können ausländische Bewerber über eine Chancenkarte ein Visum erhalten und hierzulande auf Jobsuche gehen. Einfach ist das Prozedere aber nicht.

Chancen bietet der Arbeitsmarkt gegenwärtig eine ganze Menge. Doch viele Stellen bleiben trotzdem unbesetzt. Fachkräfte aus dem Ausland könnten einen Teil der Lücken schließen, doch sie haben es noch immer nicht leicht, hier im Berufsleben Fuß zu fassen. Unternehmer – auch in Sachsen – beklagen das umfangreiche bürokratische Prozedere, wenn es um die Einstellung ausländischer Mitarbeiter geht. Die sogenannte Chancenkarte als Teil des Fachkräfte-Einwanderungsgesetzes soll Erleichterung bringen. Am 1. Juni tritt die Neuregelung in Kraft. Aber was verbirgt sich konkret dahinter? Mit der Chancenkarte sollen sich die Möglichkeiten, Kontakte zu deutschen Arbeitgebern zu knüpfen und eine qualifizierte Beschäftigung in Deutschland zu finden, verbessern. So verspricht es die Bundesregierung auf ihrem Fachkräfteportal „Make it in Germany“. Aber um in Deutschland seinen Weg zu machen, müssen diverse Voraussetzungen erfüllt sein. Wer aus einem Land außerhalb der EU beziehungsweise des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz kommt, braucht entweder eine berufliche oder akademische Qualifikation, die hier voll anerkannt ist, einen in Deutschland erworbenen Abschluss – oder er muss sich über ein Punktesystem qualifizieren. Wer bereits das Verfahren zur Anerkennung seiner ausländischen Qualifikation beantragt und dabei das Ergebnis einer „teilweisen Gleichwertigkeit“ erhalten hat, bekommt dafür vier Punkte. Gehört die formale Qualifikation zu einem Mangelberuf, gibt es immerhin einen Punkt. Die Liste dieser Berufe ist lang und umfasst den kompletten Pflegebereich, die IT-Branche, aber auch Ingenieure, Naturwissenschaftler und Verkehrsplaner. Auch für gesammelte Berufserfahrung und Sprachkenntnisse können Punkte erworben werden. Mindestens sechs braucht es am Ende. Wie gut die Chancen darauf stehen, können Interessierte bei einem Online-Test herausfinden.

Kritik von Arbeitsmarktexperten

Erteilt wird die Chancenkarte für maximal ein Jahr. Solange kann der Bewerber in Deutschland einen Job suchen oder sich selbstständig machen. Während der Suche dürfen auch Nebentätigkeiten ausgeübt werden – begrenzt auf 20 Stunden pro Woche. Wer in dieser Zeit eine Probearbeit antritt, muss darauf achten, dass sie die Zeitspanne von zwei Woche pro Arbeitgeber nicht übersteigt. „Die Probebeschäftigung muss entweder auf eine qualifizierte Beschäftigung, eine Ausbildung oder auf die Aufnahme einer Qualifizierungsmaßnahme abzielen“, so die Vorgabe.

Bei Erfolg muss bei der zuständigen Ausländerbehörde eine der bestehenden Aufenthaltserlaubnisse zur Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung, zur Ausbildung, zur Anerkennung Ihrer Berufsqualifikationen oder zur Selbstständigkeit beantragt werden. Wenn die Stelle die Anforderungen einer qualifizierten Beschäftigung erfüllt, aber kein anderer Aufenthaltstitel in Frage kommt, wird die Chancenkarte für bis zu zwei weitere Jahre verlängert. Ob das Fachkräfte in Größenordnungen nach Deutschland und damit auch nach Sachsen locken wird, ist fraglich. Arbeitsmarktexperten kritisieren etwa, dass andere Länder zwar auch Punktesysteme nutzen, Bewerber am Ende aber einen dauerhaften Aufenthaltstitel bekommen, während sie hierzulande lediglich ein zeitlich begrenztes Visum erhalten.