Unbezahlte Überstunden: Das müssen Arbeitnehmer beachten

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 Die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Gemeint sind Überstunden. Der größte Teil der arbeitenden Bevölkerung würde allerdings vermutlich gerne auf sie verzichten. Dabei gehören Überstunden mittlerweile zum ungeliebten, aber kaum wegzudenkenden Bestandteil in vielen Unternehmen. Noch unschöner wird es allerdings, wenn es sich bei den Überstunden um unbezahlte Überstunden handelt. Spätestens da, werden sich viele Arbeitnehmer fragen: was sind eigentlich Überstunden? Wieviel Überstunden sind erlaubt? Muss ich diese leisten und wenn ja, auch unbezahlte Überstunden?

Was sind überhaupt Überstunden?

Bevor man die Frage beantworten kann, ob unbezahlte Überstunden erlaubt sind, ist es zwingend notwendig zu definieren, was Überstunden als solche überhaupt sind. Das deutsche Recht kennt keine gesetzliche Überstundenregelung. Das Fehlen einer solchen gesetzlichen Überstundenregelung führt dazu, dass man den Begriff „Überstunde“ auch nicht im Gesetzestext finden wird. Hierbei ist maßgeblich auf den jeweiligen Arbeitsvertrag abzustellen. Der Arbeitsvertrag ersetzt gewissermaßen die gesetzliche Überstundenregelung und enthält die vertraglich vereinbarten Arbeitsstunden, welche vom Arbeitnehmer erbracht werden müssen. Jegliche Abweichung von der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit stellt also eine Überstunde dar.

Muss ich als Arbeitnehmer Überstunden leisten?

Die Frage, ob man als Arbeitnehmer Überstunden leisten muss, lässt sich pauschal nicht beantworten. Im deutschen Zivilrecht besteht eine sogenannte Vertragsautonomie, welche grob besagt, dass jeder seine privatwirtschaftlichen Geschäfte selbst und nach seinem eigenen Ermessen regeln kann; von bestimmten Ausnahmen abgesehen. So können auch Arbeitsverträge grundsätzlich verschiedene Formulierungen enthalten, die das Anordnen von Überstunden im Zweifel anordnen. Dies dürfte für die meisten Arbeitsverträge der Regelfall sein. Sollte eine solche Formulierung im Arbeitsvertrag vorhanden sein, sind Überstunden grundsätzlich zu leisten.

In Betrieben mit einem Betriebsrat kann es zu dem eine entsprechende Betriebsvereinbarung geben. Allerdings müssen zu leistende Überstunden betrieblich notwendig sein und alle Arbeitnehmer im Unternehmen gleichermaßen belasten. Sollte eine solche Vereinbarung im Arbeitsvertrag jedoch fehlen, ist das Leisten von Überstunden nicht notwendig. Einzig in Notfällen darf der Arbeitgeber davon abweichen und Überstunden verlangen, obwohl diese nicht ausdrücklich vertraglich vereinbart sind. An den Begriff eines Notfalls sind aber hohe Anforderung zu stellen. Allerdings gibt es in allen Fällen eine Einschränkung, schließlich muss niemand bis zur totalen Erschöpfung Überstunden leisten.

Da eine gesetzliche Überstundenregelung fehlt, gibt es keine einheitliche Handhabung über deren Ausführung, aber es gibt eine gesetzliche Regelung wieviel Überstunden erlaubt sind. Diese regelt, wie viele Überstunden erlaubt sind. Gemäß § 3 ArbZG (Arbeitszeitgesetz) darf die maximale Arbeitszeit von 10 Stunden täglich nicht überschritten werden, und das auch nur, wenn es bei der durchschnittlichen Arbeitsleistung von 8 Stunden täglich bleibt. Bei Schwangeren und stillenden Müttern darf die tägliche Arbeitszeit von 8,5 Stunden jedoch nicht überschritten werden. Für Auszubildende gilt auch eine Sonderregelung; sie müssen nur in Notfällen Überstunden leisten und unausweichlich durch Freizeitausgleich oder Vergütung entschädigt werden.

Sind unbezahlte Überstunden erlaubt?

Auch diese Frage lässt sich leider nicht allgemeingültig beantworten. Für den Fall, dass sich im Arbeitsvertrag keine entsprechende Regelung zur Abgeltung von Überstunden findet, sind grundsätzlich unbezahlte Überstunden nicht zulässig. Dieser Fall sollte jedoch sehr selten sein, da wenn der Arbeitsvertrag die Ableistung von Überstunden vorsieht, sich meist auch eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag zur etwaigen Abgeltung der Überstunden finden wird. Üblicher sind Klauseln im Arbeitsvertrag, die erklären, dass „Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind“. Die Regelung kann das Ableisten von unbezahlten Überstunden ermöglichen. Allerdings sind diese Klauseln mitunter unwirksam. Fehlt es beispielsweise an einer konkreten Nennung der Anzahl von unbezahlten Überstunden, ist die Klausel nichtig. Der Arbeitnehmer muss im Vorfeld wissen, welche Anzahl er im Zweifelsfall zu leisten hat. Auch eine Klausel, die eine unangemessen hohe Anzahl von unbezahlten Überstunden anordnet, verstößt gegen das Gesetz und ist unwirksam.

Eine genaue rechtliche Anzahl, ab wann die erträgliche Anzahl von unbezahlten Überstunden erreicht ist, fehlt aufgrund der nicht vorhandenen gesetzlichen Überstundenregelung. Allerdings halten die meisten Gerichte, welche in solchen Fällen bisher geurteilt haben, eine Abgeltungsklausel von 10 % der vertraglichen monatlichen Arbeitszeit für angemessen. Anders sieht es jedoch bei sogenannten Diensten „höhere Art“ aus; also bei gehobener Tätigkeit in einem Unternehmen, hierbei hält das BAG (Bundesarbeitsgericht) eine zusätzliche Vergütung von Überstunden für unüblich, da zwischen solchen Angestellten und dem Arbeitnehmer ein bestimmtes Vertrauensverhältnis existiert. Außerdem verneint das Bundesarbeitsgericht den Anspruch bei denjenigen, die ein deutlich höheres Gehalt als der Durchschnitt erhalten.

Für all jene, bei denen unbezahlte Überstunden wirksam vertraglich vereinbart worden sind, darf allerdings durch die Regelung nicht der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn von derzeit 9,82 Euro pro Arbeitsstunde (Stand: 2022) umgangen werden.

Was muss ich als Arbeitnehmer beachten?

Sollten unbezahlte Überstunden wirksamer Bestandteil des Arbeitsvertrages sein, so sind diese auch abzuleisten. Ein Nichtbefolgen der Arbeitsordnung kann zur, mitunter außerordentlichen, Kündigung führen. Allerdings muss der Arbeitgeber Überstunden nicht ausdrücklich anordnen; er kann es auch konkludent bzw. still schweigend hinnehmen, indem er den Arbeitnehmer gewähren lässt. Auf jeden Fall sollte man sich, ob angeordnet oder nicht, jede geleistete Überstunde bestätigen lassen. Für Arbeitnehmer mit geringem Einkommen empfiehlt sich zudem das Gehalt nachzurechnen. Viele Verträge unterschreiten durch die Abgeltungsklausel den derzeitigen Mindestlohn in nicht unerheblicher Weise. Bei Unternehmen, die einen Tarifvertrag führen, sind zudem die tarifvertraglichen Regelungen zu beachten.

Fazit

Im Normalfall sind geleistete Überstunden zu vergüten. Bei der Frage „wieviel Überstunden sind erlaubt?“ ist der Vertrag maßgeblich, wobei das Arbeitszeitgesetz beachtet werden muss. Eine Abgeltungsklausel, die das Erbringen von unbezahlten Überstunden anordnet, erfordert eine eindeutig wirksame vertragliche Regelung. Wobei eine pauschale Abgeltung von unbegrenzten unbezahlten Überstunden in jedem Fall unzulässig ist.