Ob Homeoffice oder Büro: Wie viel Überwachung ist erlaubt?

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Der Fall der australischen Versicherungsangestellten Suzie Cheikho hat kürzlich für Aufsehen gesorgt. Sie wurde entlassen, weil sie im Homeoffice offenbar kaum arbeitete. Herausgefunden hat das ihr Arbeitgeber mit einem Keylogger: einer heimlich installierten Software, die Tastaturanschläge zählt. Aber ist eine solche Spionage-Software am Arbeitsplatz zulässig? Was darf ein Arbeitgeber zur Überwachung der Mitarbeiter tun, und was nicht?

Die Hürden für eine Mitarbeiterüberwachung sind hoch

In Australien hat ein Gericht im Fall Cheikho die Kündigung bestätigt, in Deutschland wäre sie nach solch einer Überwachung wahrscheinlich für unwirksam erklärt worden. Denn hier hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht eine hohe Bedeutung. Persönlichkeitsrechte sind Grundrechte und gelten somit auch in der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie umfassen im Wesentlichen folgende Bereiche:

  • den Schutz der persönlichen Ehre.
  • den Schutz der Intim- und Privatsphäre.
  • das Recht am eigenen Bild.
  • den Schutz des gesprochenen und geschriebenen Wortes.
  • das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Die Überwachung von Arbeitnehmern greift immer in den Schutzbereich eines oder mehrerer dieser Persönlichkeitsrechte ein. Solche Eingriffe durch den Arbeitgeber erlaubt der Gesetzgeber aber nur aus gewichtigen Gründen und bei berechtigtem Interesse.

Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Überwachung am Arbeitsplatz rechtlich zulässig

Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, dass jeder Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt. Ein allgemeines Bedürfnis, dies zu kontrollieren, reicht jedoch als Grundlage zur Mitarbeiterüberwachung nicht aus. Nur wenn ein konkreter Verdacht auf eine Pflichtverletzung oder Straftat besteht, kann eine Überwachung am Arbeitsplatz erlaubt sein.

Dabei hat der Arbeitgeber mehrere Bedingungen einzuhalten:

  • Die Überwachung des Arbeitsplatzes muss auf den Verdachtsfall begrenzt bleiben und verhältnismäßig sein.
  • Es gibt kein anderes, milderes Mittel zur Aufklärung des Sachverhaltes.
  • Der Betriebsrat hat der Maßnahme zur Überwachung zugestimmt.

Aus diesen Bedingungen ergibt sich, dass eine dauerhafte und systematische Überwachung der ganzen Belegschaft unzulässig ist. Es sei denn, die Mitarbeiter geben dazu ihr Einverständnis. Solche einvernehmlichen Überwachungen haben dann aber vorrangig ein anderes Ziel als die Kontrolle der Arbeitnehmer. Ein gängiges Praxisbeispiel ist die Videoüberwachung an Bankschaltern. Auch für solche Anwendungsfälle ist die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen. Außerdem muss die Einverständniserklärung ohne Druck des Arbeitgebers unterzeichnet worden sein, und sie kann vom Arbeitnehmer jederzeit widerrufen werden.

Welche Möglichkeiten zur Überwachung am Arbeitsplatz hat der Arbeitgeber?

Jede Art von Mitarbeiterüberwachung unterliegt also den beschriebenen juristischen Begrenzungen, die sich aus Persönlichkeitsrechten und Datenschutz ergeben. Was bedeutet das nun konkret für die verschiedenen möglichen Formen der Überwachung im Büro oder Homeoffice?

Offene oder verdeckte Videoüberwachung

Eine offene Videoüberwachung von Geschäftsräumen kann beispielsweise zur Vermeidung von Diebstählen in einem Verkaufsbereich sinnvoll sein. Mitarbeiter und Betriebsrat müssen einer solchen Maßnahme nicht nur zustimmen, sondern auch Transparenz über die Details der Überwachung haben. Dazu zählt, wo die Kameras installiert sind, zu welchen Zeiten sie aufzeichnen und wie lange Aufnahmen aufbewahrt werden. In vorwiegend privat genutzten Bereichen – wie Pausenräumen, Umkleiden oder Waschräumen für Mitarbeiter – sind Kameras nicht erlaubt.

Eine heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht. Sie kann in der Praxis ausnahmsweise bei entsprechend schweren Fällen (Diebstahl, Sabotage) und hinreichendem Verdacht zum Einsatz kommen.

Abhören oder Aufzeichnen von Telefonaten

Dies kann einvernehmlich für bestimmte Zwecke hilfreich sein, etwa zur Einarbeitung oder Qualitätssicherung an Telefon-Arbeitsplätzen für Mitarbeiter. Es gelten dann hinsichtlich Zustimmung und Transparenz ähnliche Regeln wie für die offene Videoüberwachung. Das heimliche Abhören von Gesprächen durch den Arbeitgeber am Arbeitsplatz ist hingegen strikt verboten.

Einsatz von Spionage-Software

Es gibt viele Varianten von Spionage-Software für die Überwachung am Arbeitsplatz. Programme, die Tastaturanschläge (Keylogger) oder Bildschirmaktivitäten (Screen Capturing) der Mitarbeiter protokollieren. Software, die unbemerkt das Mikrofon oder die Kamera am Laptop einschaltet und aufzeichnet. Technisch lässt sich damit selbst im Homeoffice Mitarbeiterüberwachung einfach realisieren. Rechtlich sind solche Werkzeuge für Arbeitgeber aber regelmäßig nicht erlaubt. Zum einen, weil heimliche Bild- oder Tonaufzeichnungen – gerade im Homeoffice – eine massive Verletzung der Privat- und Intimsphäre darstellen. Zum anderen, weil Tools wie Keylogger als unzuverlässig und nicht beweiskräftig gelten.

Lesen von E-Mails

Hat der Arbeitgeber die private Nutzung des Mailaccounts untersagt, darf er die Einhaltung dieses Verbotes stichprobenartig kontrollieren. Über solche Kontrollen ist der Betriebsrat vorab zu informieren, zudem muss der Schutz der personenbezogenen Daten des Mitarbeiters gewährleistet bleiben. Besteht ein solches Verbot der Privatnutzung nicht, ist der Zugriff auf das Mailkonto unzulässig.

Auswerten des Internet-Browserverlaufs

Auch beim Browserverlauf sind Stichproben erlaubt, falls die private Internet-Nutzung am Arbeitsplatz verboten wurde. Beim begründeten Verdacht auf missbräuchliche Nutzung kann der Arbeitgeber weitergehende und umfängliche Auswertungen anordnen.

Ihre Rechte als Arbeitnehmer bei unzulässiger Überwachung

Wenn Sie vermuten oder wissen, dass Sie von Ihrem Arbeitgeber am Arbeitsplatz rechtswidrig überwacht werden, können Sie verschiedene Ansprüche geltend machen. Zunächst können Sie die sofortige Unterlassung verlangen. Zudem haben Sie Anspruch auf Herausgabe oder Löschung unrechtmäßig erhobener Daten. In vielen Fällen können Sie aufgrund der Verletzung Ihrer Persönlichkeitsrechte auch Schmerzensgeld fordern. Und Maßnahmen wie Abmahnung oder Kündigung, die auf einer illegalen Überwachung beruhen, sind unwirksam.

Fazit: Die Überwachung am Arbeitsplatz hat enge Grenzen

Persönlichkeitsrechte und Datenschutzbestimmungen sorgen dafür, dass hierzulande eine Mitarbeiterüberwachung am Arbeitsplatz nur in Ausnahmefällen möglich ist. Ohne konkreten Verdacht auf grobes Fehlverhalten sind die meisten Überwachungsmaßnahmen unzulässig. Verstoßen Arbeitgeber gegen die gesetzlichen Vorgaben, können betroffene Arbeitnehmer wirksam dagegen vorgehen und umfangreiche Rechte durchsetzen.