Warum man im Job viel öfter über Geld sprechen sollte
Wer vorbereitet in Gehaltsverhandlungen geht, hat gute Chancen – auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Foto: Adobestock
Kollegen, die transparent mit dem Thema Gehalt umgehen, können besser verhandeln. Doch gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bleiben viele Unsicherheiten.
Von Annett Kschieschan
Über Geld spricht man nicht. In Deutschland gilt das für viele Lebensbereiche, vor allem aber für den Job. Über das eigene Gehalt zu reden, ist häufig ein Tabu. Dahinter steckt meistens entweder die Befürchtung, Neid beim Gegenüber zu erzeugen oder sich im Gegenteil selbst schlecht zu fühlen, weil der andere vermeintlich in einer höheren Gehaltsklasse unterwegs ist. Doch inzwischen hat ein Umdenken eingesetzt. Das zeigen zumindest die Ergebnisse zweier Studien der Jobbörse Stepstone, für die insgesamt mehr als 12.000 Menschen befragt wurden. Vor allem jüngere Arbeitnehmer legen demnach die Karten in Sachen Lohn offener auf den Tisch. So gaben mehr als 70 Prozent der Befragten unter 30 an, mit Kollegen über ihren Verdienst zu sprechen. Bei den Älteren tut das nicht einmal jeder Zweite. „Die GenZ und Millenials sind immer besser darüber informiert, welches Gehalt sie fordern können, da sie sich offener darüber austauschen als ältere Menschen“, so Lena Ludwig von Stepstone.
Sich nicht unter Wert verkaufen
Wenn es an die Gehaltsverhandlungen geht, fühlen sich aber auch die Jüngeren unsicher – laut der Studien sogar in stärkerem Maße als ihre Kolleginnen und Kollegen jenseits der 30. Wirklich entspannt ist aber kaum jemand, wenn es darum geht, mehr Geld für die eigenen Arbeit auszuhandeln. In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten nimmt der Druck noch zu. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Chef oder die Chefin mit Verweis auf sinkende Verkaufszahlen und hohe Energiekosten beim Thema Gehaltserhöhung bedauernd den Kopf schüttelt, ist durchaus hoch.
Experten raten dazu, trotzdem in die Verhandlung zu gehen. Sich unter Wert zu verkaufen, ist auf Dauer schlecht für das Selbstwertgefühl und die Motivation – was sich auch auf die Arbeit auswirken kann. Dazu kommt: Viele Unternehmen leiden nach wie vor unter dem Fachkräftemangel. Die Angst, gute Mitarbeiter zu verlieren, ist ein Thema – und macht den Erfolg des Gehaltsgesprächs durchaus realistisch. Vor allem dann, wenn es gut vorbereitet wurde.
Je konkreter, desto besser
Auch wenn Geld immer auch ein emotionales Thema ist, sollten in der Verhandlung Fakten im Mittelpunkt stehen. Gemeint sind zum Beispiel Projekte oder Netzwerke, die der Mitarbeiter entwickelt oder vorangebracht hat. Wenn jemand über längere Zeit einen erkrankten Kollegen ersetzt oder neue Mitarbeiter bei ihren ersten Schritten im Unternehmen begleitet hat, sollte auch das Thema sein. In jedem Fall gilt: Je konkreter, desto besser. Hier haben laut der Stepstone-Studien die älteren Arbeitnehmer bessere Karten, können sie doch in der Regel mehr Geleistetes vorweisen. Aber: „Wer seinen Marktwert recherchiert, Gehaltsspannen in Stellenanzeigen als Orientierungswert hinzuzieht, sich konkrete Beispiele für jüngste Erfolge zurechtlegt und sich auf kritische Gegenfragen vorbereitet, erhöht die Chancen auf eine Gehaltserhöhung – auch ohne jahrelange Berufserfahrung“, so Lena Ludwig weiter.
Beim Personaldienstleister Yer rät man dazu, den Zeitpunkt für ein Gesprächs übers Geld gut zu wählen. Der erfolgreiche Abschluss eines Projektes bietet sich dafür an.
Und wenn in Sachen Lohnerhöhung wirklich nichts geht? Dann bleibt die Möglichkeit, den Arbeitgeber zu wechseln. So drastisch muss es aber nicht sein. Verhandeln kann man auch über vom Unternehmen finanzierte Weiterbildungen, Mobilitätszuschüsse, mehr Urlaubstage oder flexible Arbeitszeiten – was je nach individueller Lebenssituation sogar mehr bringen kann als eine höhere Zahl auf der monatlichen Gehaltsabrechnung.